Vietnam stemmt sich gegen 2. Corona-Welle
Nach Ausbruch in Danang versetzt Regierung Teile des Landes wieder in den Krisenmodus
Hanoi/Danang, 30. Juli 2020. Vietnam kämpft nach einem Corona-Ausbruch in der Küstenstadt Danang gegen eine anrollende zweite Welle der Covid19-Pandemie an – wenn auch viel niedrigerem Niveau als in Europa und Amerika. Die kommunistische Regierung in Hanoi schaltet Teile des Landes nun wieder zurück in den Krisenmodus.
Anstieg (noch) auf sehr niedrigem Niveau
Binnen weniger Tage stieg die Gesamtzahl der Infizierten von rund 320 auf zuletzt 459 Fälle laut der Johns-Hopkins-University. Das mutet zwar wie nichts an im Vergleich zu den 208.000 Fällen in Deutschland oder den 4,4 Millionen in den USA. Aber die bisher so niedrigen Zahlen, die Vietnam unter anderem durch harte Quarantäne, frühes Maskentragen und andere Maßnahmen erreicht hatte, bedeuten im Umkehrschluss auch: Selbst wenn man eine hohe Dunkelziffer einrechnet, ist wahrscheinlich kaum einer in Vietnam immun gegen das Corona-Virus, wenn es nun von außen wieder eingeschleppt wird.
Virus wahrscheinlich von außen wieder eingeschleppt und durch Inlandstouristen verbreitet
Denn das sind wohl die Hauptquelle der zweiten Welle: Innerhalb der Bevölkerung gab es bereits wochenlang keinerlei Neuinfektionen mehr, da brachten aus dem Ausland zurückkehrende Vietnamesen das Virus zurück ins Land. Zudem kursieren in der Bevölkerung Gerüchte, über die grüne Grenze würden womöglich infizierte Chinesen illegal ins Land gelangen, doch Belege gibt es dafür nicht. Andererseits hatte die Regierung ab Juni schrittweise den Binnentourismus wieder erlaubt, Hotels und Geschäften wieder geöffnet. Und da traf es eben die bei Vietnamesen wie auch Chinesen und anderen Touristen sehr beliebte Reiseziel Danang in Mittelvietnam. Wahrscheinlich hatten die jetzt positiv Getesteten über einen längeren Zeitraum Kontakt zu Hunderten in der Stadt. Daraufhin strich die Regierung im Eiltempo alle Flüge von und nach Vietnam, kappte auch Busverbindungen, Zehntausende sitzen seitdem fest. „Vietnam Airlines“ – die parallel dazu immer noch mit der Rückholaktion gestrandeter Auslandsvietnamesen aus der erste Welle beschäftigt ist – organisiert nun den kontrollierten und überwachten Ausflug dieser Menschen.
Massen-Quarantäne droht
Sie alle müssen nun höchstwahrscheinlich in Quarantäne. Weil aber die bisher eingereichteten Quarantänelager – teils medizinische Einrichtungen, teils Militärlager – für all diese Menschen nicht mehr ausreichen, setzt Premier Nguyen Xuan Phuc diesmal auf Heimquarantäne. Die ist allerdings nicht so leger wie in Deutschland: In Vietnam werden die entsprechenden Häuser und Familien gekennzeichnet, die Betroffenen dürften erheblichem sozialen Druck ausgesetzt sein.
Neue Ausgangssperren verhängt
Parallel dazu hat die Regierung in großen Teilen von Danang wieder Ausgangssperren verhängt und das öffentliche Leben lahmgelegt, wie zu Corona-Hochzeiten. Das trifft das Land und vor allem die kleinen Geschäftsinhaber und Hoteliers sehr schwer, die eben erst Hoffnung geschöpft hatten, dass der Tourismus als wichtiger Wirtschaftsfaktor bald wieder anläuft. Zudem gibt es in Vietnam keine regulären soziale Sicherungssysteme wie heute in Deutschland oder früher in der DDR. Allerdings hat die kommunistische Führung in der Krise doch ein paar soziale Netze aufgespannt und Barzahlungen an besonders Arme und Veteranen angeordnet.
Bisher hatte Vietnam Corona vergleichsweise gut verkraftet: Die Infizierten-Zahlen blieben niedrig, laut offiziellen Statistiken gab es keinerlei Corona-Tote. Und während die Volkswirtschaften großer Industrieländer durch die Pandemie dramatisch schrumpften, sagten internationale Analysten zuletzt noch unterm Strich rund drei Prozent Wirtschaftswachstum für das Gesamtjahr in Vietnam voraus.
Autor: Heiko Weckbrodt
Quellen: VTV News (staatlich kontrolliertes Auslandsfernsehen), Johns Hopkins Coronavirus Resource Center (CRC), Oiger-Archiv, eigene Recherchen