Viele Reisbauern satteln auf Garnelen und Algen um
Aquakultur-Experte sieht gute Exportchancen und Antworten auf Umweltveränderungen
Ho-Chi-Minh-Stadt, 27. Februar 2024. Angesichts guter Exporterlöse mit Meeresfrüchten und anderen maritimen Speisen auf der einen Seite und der Versalzung ganzer Reisfelder im Mekong-Delta spielen marine Aquakulturen in Vietnam eine wachsende Rolle. Und: „Die Bedeutung dieser Produkte wird weiter steigen“, ist auch der Biotechnologe und Aquakultur-Unternehmer Phan Thanh Trung aus Ho-Chi-Minh-Stadt (HCM) überzeugt.
Mekong-Delta versalzt – Bauern reagieren teils mit Süßwasser-Zumischung, teils mit Umstieg zur Aquakultur
Denn mit Garnelen, Fischen, Tintenfischen und anderen Meeresprodukten machen viele ehemalige Reisbauern und andere Klein- und Großunternehmen mittlerweile vergleichsweise gute Gewinne im Verkauf an China, in die USA und andere Länder. Hinzu kommen die ökologischen Veränderungen in Vietnam: Das Salzwasser aus dem Meer beispielsweise dringt vielerorts im Mekongdelta tiefer als früher ins Landesinnere ein. An einigen Stellen mögen die Bauern oder staatliche Akteure diesen Effekt inzwischen durch aufgestaute Süßwasser-Reservoirs ausgleichen können – aber längst nicht überall. Deshalb widmen andere Bauern ihre Reisfelder in Seafood-Zuchtbecken um. „Wenn sich die Umweltbedingungen ändern, dann müssen sich die Menschen eben anpassen“, meint Phan Thanh Trung.
Der 41-Jährige hatte nach Studium und Forschung in HCM eine eigene Firma namens „Orita“ aufgebaut, die diesen Trend aufnimmt: Das zwölfköpfige Team hat sich darauf spezialisiert, meeres-ähnliche Umweltbedingungen in Aquakultur-Zuchtbecken aufzubauen. Die Idee dabei: Mit wissenschaftlichen Methoden kleine Ökosysteme aufbauen, in denen mit künstlichem Meeressalz und anderen Eingriffen die Zustände im Ozean nachgestellt werden, damit Garnele, Alge & Co. besser wachsen. Kunden sind neben vietnamesischen Klienten vor allem ausländische Unternehmen zum Beispiel aus Taiwan, China, Japan, den USA und anderen Ländern.
„Brauchte ein eigenes Labor“
Die Idee, wissenschaftliche Methoden rasch in die Praxis umzusetzen, dem im südvietnamesischen Quy Nhon in der Provinz Binh Dinh geborenen Phan Thanh Trung schon beizeiten gekommen: Der Sohn einer Lehrerin und eines Pharmazeuten nach zwölf Schuljahren Biotechnologie an der HCM University of Science, verdiente sich nebenher den Lebensunterhalt als Nachhilfe-Lehrer. „Damals merkte ich, dass ich ein eigenes Labor brauchte, um meine Forschungen an Stammzellen, Krebszellen und Mikrobenstämmen voranzutreiben“, erzählt Phan Thanh Trung. Und so arbeitete er zunächst drei Jahre lang in der Forschung an der Uni, machte sich dann aber selbstständig und wechselte die Zielrichtung: Seither widmete er sich der Kunst, Meeresbedingungen für Aquakulturen zu simulieren.
Letztlich hoffe er damit zu helfen, den Lebensstandard in Vietnam zu verbessern, betont der Vater zweier Kinder – eines zehnjährigen Jungen und einer siebenjährigen Tochter. Für sie wünscht er sich, „die besten Lebensbedingungen und Sozialleistungen, wie man sie sonst nur aus Deutschland kennt.“
Autor: Heiko Weckbrodt
Quelle: Interview mit Phan Thanh Trung in Deutsch, Vietnamesisch und Englisch