Putziger Maushirsch von Vietnam doch nicht ausgestorben
Wildkameras lieferten Beweise für Fortbestand der „Vietnam-Kantschile“
Berlin/Ho-Chi-Minh-Stadt, 12. November 2019. Entgegen allen Befürchtungen ist der vietnamesische Maushirsch doch nicht ausgestorben: Mit Wildkameras im südvetnamesischen Annamiten-Gebirge haben Berliner Forscher das putzige Huftier wiederentdeckt. Insgesamt konnten sie schließlich über 2000 fotografische Beweise vorlegen, dass das Vietnam-Kantschil – wie der Maushirsch eigentlich heißt – doch noch lebt.
Zuletzt von einer russischen Expedition 1990 gesichtet
„Der Vietnam-Kantschil wurde 1910 auf der Basis von vier Individuen aus Südvietnam beschrieben“, berichtet der Forschungsverbund Berlin. „Eine russische Expedition im Jahr 1990 nach Zentralvietnam konnte ein fünftes Tier dieser Art aufspüren. Seitdem gab es keine bestätigten Sichtungen.“ Daher habe die „Global Wildlife Conservation“ (GWC) den Maushirsch auf ihre Liste der 25 meistgesuchten verlorenen Arten gesetzt. Allerdings hatte es gelegentlich unbestätigte Berichte von Gebirgsbewohnern aus Südvietnam gegeben, die Kantschile gesehen haben wollten.
Forschungsleiter Nguyen ist überglücklich
Trotz der Hinweise aus der Bevölkerung konnten wir nicht sicher sein, was uns erwartet“, erinnert sich Forschungsprojektleiter An Nguyen von der GWC. „Ich war also überrascht und überglücklich, als wir die Bilder der Kamerafallen auswerteten und Fotos von einem Kantschil mit silbernen Flanken sahen.“ Nun wollen er und seine Kollegen vom Southern Institute of Ecology in Vietnam und das Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung mehr über die seltenen Tiere in Erfahrung bringen.
Regenwälder von Südostasien sind immer wieder für Überraschungen gut
„Das Vietnam-Kantschil ist eine von vielen faszinierenden Arten, die in den vielfältigen tropischen Wäldern Südostasiens leben“, schätzt der Berliner Forschungsverbund ein. „Von diesen wurden einige Arten erst in den letzten Jahrzehnten entdeckt. Dazu gehört auch die antilopenähnliche Saola (das asiatische ,Einhorn’), die erst 1992 entdeckt wurde und die noch kein Biologe in freier Wildbahn gesehen hat.“
Wilderer leeren mit Drahtschlingen ganze Wälder
Tiere in dieser Region würden zunehmend Opfer einer verheerenden illegalen Jagdmethode – der Verwendung von einfachen, günstigen, selbstgemachten Drahtschlingen. „Dieser Wilderei fallen wahllos alle Tiere zum Opfer, die sich darin verfangen, unabhängig davon ob sie zu den Zielarten der Wilderer gehörten. Erst kürzlich zeigte ein Wissenschaftlerteam des Leibniz-IZW, dass Drahtschlingen eine größere und direktere Bedrohung der bodenlebenden Säugetiere und Vögel ist als die Degradierung des Regenwaldes durch forstliche Nutzung. Im Truong-Son-Ökosystem, zu dem auch die Region gehört, in der das Vietnam-Kantschil wiederentdeckt wurde, hat diese Wilderei zu leeren Wäldern geführt, in denen zahlreiche Tierarten am Rand des Aussterbens stehen.“
Autor: Heiko Weckbrodt
Quelle: Forschungsverbund Berlin